Arbeitssicherheit: Sicher rangieren und verladen

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung registrierte für die Bereiche Betrieblicher Transport und Verladung im Jahr 2020 bundesweit an die 206.000 meldepflichtige und weitere 86 tödliche Arbeitsunfälle. Die Auswertung des Unfallgeschehens ergab, dass bei der Be- und Entladung neben dem Ladepersonal auch die Lkw-Fahrer einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt sind.

Der Verladebereich birgt für Lkw-Fahrer ein beträchtliches Gefahrenpotential. Beispielsweise sind Lkw-Fahrer auf fremdem Betriebsgelände besonders durch Transportgeräte und rangierende Fahrzeuge gefährdet. Das Anfahren mit Staplern oder das Einquetschen zwischen Lkw und Rampe sind typische Unfälle mit meist schweren Verletzungen. Weitere Gefährdungen bestehen, wenn die Fahrer die Beladung ihres Fahrzeugs überwachen und sich dabei in der Nähe rangierender Arbeitsgeräte aufhalten. Mitunter nehmen Fahrer die Verladung auch selbst vor, dafür wird ihnen vom Kunden meist ein Elektro-Hubwagen zur Verfügung gestellt. Sind sie mit der Bedienung des fremden Geräts nicht vertraut, dann stellt dies ein zusätzliches Risiko dar.

Dieser Beitrag beschreibt die Gefährdungen von Lkw-Fahrern rund um den Verladeprozess. Es werden auch Beispiele gezeigt, wie die Sicherheit beim Rückwärtsfahren und beim Abstellen des Lkw erhöht werden kann. Abschließend werden Sicherheitshinweise zum richtigen Bedienen von Elektro-Hubwagen gegeben.

Sicher rangieren

Rangiert der Fahrer den Lkw rückwärts an die Andockstation heran, besteht für Personen, die sich in diesem Bereich aufhalten, die Gefahr vom Lkw erfasst zu werden. Bei solchen heiklen Fahrmanövern steht Sicherheit an erster Stelle! Daher fordern die Berufsgenossenschaften für das Rangieren auf Betriebsgelände, dass der Fahrer nur rückwärtsfahren darf, wenn sichergestellt ist, dass sich dort keine Personen aufhalten.

Diese Vorgabe erfüllen beispielsweise Lkw, die mit einer Rückfahrkamera ausgerüstet sind. Ist dies nicht der Fall und gibt es keine anderweitigen Maßnahmen, die das Rückwärtsfahren sicherer machen, dann hat sich der Fahrer eines Einweisers zu bedienen. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu beachten:

  • Den Lkw vorsichtig in Bewegung setzen.
  • Nur Schrittgeschwindigkeit fahren.
  • Ständig bremsbereit sein.
  • Sofort anhalten, wenn der Einweiser im „Toten Winkel“ steht.

Rangierhilfen

Selbst von routinierten Fahrern erfordert das Heranfahren an die Rampe Übung und Konzentration. Einfahrhilfen bieten dem Fahrer eine Orientierung bei der Annäherung an die Verladestelle. Eine weitere Hilfe stellen Andocksysteme dar. Hat der Fahrer sein Fahrzeug vor die Ladestelle gesteuert, geht es nun darum, die letzten Zentimeter zurückzulegen. Die abgebildete Andockhilfe besteht aus einer Sensoreinheit und Signalleuchten, die dem Fahrer das Heranfahren erleichtern. Eine Außenampel schaltet während des Andockvorgangs schrittweise, je nach Abstand zur Rampe, von Grün über Gelb bis Rot um. Leuchtet das rote Licht, hat der Lkw seine genaue Verladeposition erreicht. Ist der Verladevorgang abgeschlossen, wird vom Verladepersonal die Außenampel auf Grün geschaltet – das Zeichen für den Fahrer, dass er von der Rampe abziehen kann.

Sicher abstellen

An der Ladestelle muss der Lkw gegen Wegrollen oder vorzeitiges Wegfahren gesichert werden. Aus gutem Grund: Denn bei der Verladung mit Staplern entstehen beim Bremsen und Beschleunigen des schweren Geräts ruckartige Schubkräfte, die den Lkw in Bewegung setzen können. Demzufolge besteht die Gefahr, dass das Überladeblech von der Ladefläche abrutscht und das Arbeitsgerät mitsamt Staplerfahrer von der Rampe stürzt. Eine weitere Ursache für Absturzunfälle sind plötzlich von der Rampe abziehende Lkw. Verfrühtes Wegfahren von der Rampe erklärt sich oft durch eine mangelhafte Abstimmung zwischen den Beteiligten.

Um solche Unfälle zu vermeiden, verlangen die Berufsgenossenschaften, dass die an der Rampe stehenden Fahrzeuge durch Betätigen der Feststellbremse und Benutzen der Unterlegkeile zu sichern sind. Obwohl für das Anlegen der Unterlegkeile lediglich ein Handgriff genügt, wird auf diese einfache Art der Wegfahrsicherung häufig verzichtet und demzufolge ein höheres Unfallrisiko in Kauf genommen. Ein Sicherheitsplus wird durch den Einsatz eines elektronischen Unterlegkeils erzielt. Der Fahrer ist gezwungen diesen anzulegen, da der Keil mit der Rampensteuerung und der Ampelanlage verbunden ist.

Fahrzeug gegen Wegrollen sichern
Elektronischer Unterlegkeil | Foto: EXPRESSO Deutschland GmbH

Andocken und Abziehen: Haben Sie an alles gedacht?

  1. Ist beim Rückwärtsheranfahren an die Ladestelle die Gefahr des Anfahrens von Personen ausgeschlossen? Falls nein, dann hat sich der Fahrer einweisen zu lassen.
  2. Vor Verlassen der Fahrerkabine: Gang einlegen und Feststellbremse betätigen.
  3. Lkw mit Unterlegkeilen sichern.
  4. Verladeprozess mit dem Ladepersonal präzise abstimmen.
  5. Nur das Ladepersonal darf den Lkw für die Abfahrt wieder freigeben.

Gefahrensituationen für Lkw-Fahrer

Zeitdruck beim Verladen gehört für viele Fahrer zum täglichen Geschäft. Gerade in diesen Situationen wird die Gefahr durch rangierende Arbeitsmaschinen oft unterschätzt. Ein Versandleiter, der einen solchen Unfall miterlebt hat, beschreibt das Geschehen: „An diesem Tag herrschte auf der Laderampe ein reges Treiben“, und führt weiter aus: „Alle Beteiligten waren angespannt, auch der Lkw-Fahrer stand unter Zeitdruck. Auf dem Weg zum Disponenten lief er hinter einem Stapler vorbei, als dieser plötzlich ausschwenkte und ihn an die Gebäudewand presste. Mit schweren Quetschungen musste er ins Krankenhaus eingeliefert werden. Wir haben aus dem Unfall Konsequenzen gezogen: Lkw-Fahrer müssen sich während der Verladung an einer sicheren Position aufhalten, von der sie den Verladevorgang beobachten können. Für alle Personen, die sich im Rampenbereich aufhalten, gehören nun Sicherheitsschuhe und Warnweste zum Standard.“

Lkw-Fahrer sind auch dann gefährdet, wenn sie beispielsweise ihre Fahrzeuge mit Elektro- Hubwagen selbst beladen. Die häufigsten Unfälle sind eigenes Anfahren oder Einquetschen von Körperteilen zwischen Arbeitsgerät und festen Hindernissen. Potenziell gefährdet sind Oberkörper, Hände und Füße des Fahrers. Begünstigt werden solche Unfälle durch enge Platzverhältnisse und Bedienungsfehler, wie das Verwechseln von Vorwärts- mit Rückwärtsgang. Fußverletzungen durch die unteren Rahmenkanten des Geräts stehen an erster Stelle – das Tragen von Sicherheitsschuhen ist daher Pflicht.

Tragepflicht zur eigenen Sicherheit

Elektro-Hubwagen sicher bedienen

Eine Grundregel beim Umgang mit Elektro-Hubwagen lautet: Das Gerät hinter sich herziehen, um freie Sicht nach vorne zu haben und möglichst nebenherlaufen. Eine weitere Faustregel ist eine angepasste Geschwindigkeit: Beim Herausfahren von der Lkw-Ladefläche, beim Durchfahren von Toren und an unübersichtlichen Kreuzungen stets langsam und vorausschauend fahren. Vor allem beim Rangieren ist die Geschwindigkeit zu reduzieren und – wenn vorhanden – die Schleichfahrtfunktion zu benutzen. Plötzliche Bremsmanöver und abruptes Wenden sind genauso riskant, wie das Wenden auf Gefällstrecken und Steigungen. Achtung! Beim Befahren von Gefällstrecken oder Steigungen muss die Last bergseitig geführt werden, damit sie nicht von den Gabelzinken rutscht. Eine akute Kippgefahr besteht besonders beim Fahren und Rangieren mit angehobener Last. Deshalb gilt der Grundsatz: Last immer bodennah transportieren.

Gerät hinterherziehen und nebenherlaufen

Sicherheitsregeln für Lkw-Fahrer: Nutzung von Elektro-Hubwagen

  • Fremde Mitgänger-Flurförderzeuge nur nutzen, wenn eine Einweisung in das Gerät erfolgt ist und der Fahrer von seinem Arbeitgeber hierfür beauftragt wurde.
  • Vor Einsatzbeginn: Sicherheitscheck durchführen.
  • Sicherheitsschuhe und Warnweste gehören zur Standardausstattung.
  • Das Gerät hinter sich herziehen, dabei möglichst nebenherlaufen.
  • Fahrgeschwindigkeit an die betrieblichen Verhältnisse anpassen.
  • Plötzliche Brems- und Wendemanöver vermeiden und Last immer bodennah transportieren.
  • Auf Gefällstrecken und Steigungen: Last bergseitig führen und niemals Wenden oder Schrägfahren.

Bei fremden Flurförderzeugen beachten

Wird dem Fahrer vom Kunden ein Elektro-Hubwagen zur Verfügung gestellt, sind gewisse Regelungen der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 68 „Flurförderzeuge“ zu beachten. So ist eine Einweisung durch den Kunden in die Handhabung des Geräts und in die betrieblichen Gegebenheiten erforderlich. Zudem muss der Fahrer vom Arbeitgeber beauftragt worden sein, das fremde Gerät zu bedienen. Bei Elektro-Hubwagen ist eine mündliche Beauftragung ausreichend, eine schriftliche Form wird jedoch empfohlen. Des Weiteren regelt die Unfallverhütungsvorschrift, dass der Fahrer vor Einsatzbeginn einen Sicherheitscheck auf erkennbare Mängel durchzuführen hat. Diese Sicht- und Funktionskontrolle gliedert sich bei Elektro-Hubwagen in folgende Prüfpunkte:

  • Inaugenscheinnahme auf äußerliche Beschädigungen sowie Kontrolle von Bauteilen, wie Hydraulikleitungen, Ketten und Gabelzinken.
  • Kontrolle auf ordnungsgemäße Funktion, wie Hupe, Bremse, Sicherheitseinrichtungen an der Deichsel.

Festgestellte Mängel sind umgehend zu melden.

Dieter Bachmann

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