Gefahren im Verladebereich: Sicheres Rangieren und Abstellen

Rangiervorgänge und Verladetätigkeiten an Laderampen sind seit jeher mit einem hohen Risikopotential verbunden. Dabei wird ein wesentlicher Teil der Gefährdungen durch die Transportfahrzeuge selbst verursacht.

Beispielsweise besteht für Personen, die sich im Gefahrenbereich von rangierenden Lkw aufhalten, ein erhöhtes Risiko überfahren oder ein- gequetscht zu werden. Eine weitere Gefahr ergibt sich für den Staplerfahrer beim Beladen von Lkw. Zieht das Fahrzeug währenddessen von der Rampe ab, kann es zum Abstürzen des Flurförderzeugs samt Fahrer kommen. Es muss daher gewährleistet sein, dass der Lkw während des Ladevorgangs gegen vorzeitiges Wegfahren gesichert ist.

Es liegt in der Verantwortung des Unternehmers, die Unfallrisiken im Verladebereich im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zu minimieren oder, wenn möglich, sogar zu beseitigen. Dabei sind alle Arbeitsabläufe sowie die damit verbundenen Gefährdungen zu identifizieren und die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Sicherheitsregeln ergänzen die getroffenen Maßnahmen, indem sie sicheres Verhalten vorgeben. Dieser Beitrag beschreibt eine Auswahl von Gefährdungen im Verladebereich und zeigt Lösungen auf, wie die Sicherheit erhöht werden kann. Die nachfolgenden Ausführungen sollen dem Verantwortlichen eine Hilfestellung für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung geben.

Rangieren von Lkw

Die Gefahren beim Rückwärtsheranfahren an die Verladerampe werden häufig unterschätzt. Die Unfallzahlen belegen jedoch, dass es sich um riskante Fahrmanöver handelt. Denn immer wieder kommt es zu Unfällen mit verheerenden Folgen, wenn sich unaufmerksame Personen im Gefahrenbereich aufhalten und zwischen Lkw und Rampe eingequetscht werden.

Tragisches Unfallbeispiel

Auf dem Gelände einer Recyclingfirma ereignete sich ein tragischer Betriebsunfall. Beim Rangieren wurde ein 53-jähriger Mitarbeiter zwischen dem Lkw und der Laderampe eingeklemmt. Er erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass er noch an der Unfallstelle starb.

Beim Zurücksetzen kann der Lkw-Fahrer nicht genug Vorsicht walten lassen. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ereignen sich jährlich etwa 10 tödliche Unfälle durch Rückwärtsfahren. Betroffen sind meist Transporthelfer und unbeteiligte Personen. Solche Unfälle können durch den Einsatz technischer Hilfsmittel, wie Rangier-Warneinrichtungen am Fahrzeugheck oder Kamera-Monitor-Systeme, die den rückwärtigen Bereich für den Fahrer sichtbar machen, verhindert werden. Risikomindernd ist auch eine strikte Trennung der Wege für Personen- und Lastverkehr im Rangierbereich. Geschickt angeordnete Verkehrsspiegel ermöglichen dem Fahrer Einblicke in unübersichtliche Stellen. Kann jedoch die Gefahr des Anfahrens oder Einquetschens von Personen durch die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen nicht gänzlich beseitigt werden, dann fordern die Berufsgenossenschaften den Einsatz eines Einweisers (§ 46, DGUV Vorschrift 70 „Fahrzeuge“). Sicherheit steht schließlich an erster Stelle!

Das Einweisen von Lkw ist eine verantwortungsvolle, aber auch gefährliche Tätigkeit, weshalb der Einweiser die Handsignale einüben und beherrschen muss. Darüber hinaus haben Einweiser und Fahrer bestimmte Sicherheitsregeln zu beachten:

Der Einweiser …

  • muss eine ständige Sichtverbindung zum Fahrer haben.
  • darf sich nicht im Gefahrenbereich des Lkw – auch nicht zwischen Fahrzeug und Laderampe – aufhalten.
  • muss darauf achten, dass sich keine weiteren Personen im Rangierbereich aufhalten.
  • sollte zur eigenen Sicherheit eine Warnweste tragen.

Der Fahrer …

  • muss vorsichtig anfahren.
  • darf nur Schrittgeschwindigkeit fahren.
  • muss ständig bremsbereit sein.
  • muss sofort anhalten, wenn der Einweiser nicht mehr im Rückspiegel zu sehen ist.

Andocken erleichtern

Das Rückwärtsheranfahren an die Rampe erfordert von Lkw-Fahrern Übung und Konzentration, denn schließlich muss der Lkw im rechten Winkel zur Rampe angedockt werden. Nur so kann die Ladebrücke auf der Ladefläche sicher zum Liegen kommen. Farbige Bodenmarkierungsstreifen können dem Fahrer eine Orientierung geben und ihm das mittige Heranfahren an die Verladestelle erleichtern. Eine Alternative sind Einfahrhilfen in der Ausführung als gegossene Betonelemente oder als verzinkte Stahlrohrprofile.

Eine weitere Erleichterung stellen Andockunterstützungssysteme dar. Hat der Fahrer sein Fahrzeug mittig vor die Ladestelle gesteuert, geht es nun darum, die letzten Zentimeter bis zum Andocken zurückzulegen. Die abgebildete elektronische Andockhilfe besteht aus einer Sensoreinheit und LED-Signalleuchten, die den Fahrer beim Heranfahren an die Verladestation unterstützen. Die Lichtschranken sind seitlich an der Verladestelle auf einem Montagearm angeordnet. Sobald der Lkw den Schaltbereich der ersten Lichtschranke erreicht, schaltet die Außenampel von Grün auf Gelb. Beim Erreichen der zweiten Lichtschranke wechselt die Farbe von Gelb auf Rot. Leuchtet das rote Licht, hat der Lkw seine Endposition erreicht. Der Lkw kann präzise, schnell und sicher andocken. Erst wenn das Ladetor nach erfolgter Verladung geschlossen ist, erhält der Fahrer das grüne Signal mit der Wegfahrerlaubnis.

Elektronische Andockhilfe mit Außenampel (Quelle: Hörmann KG)

Vorzeitiges Wegfahren verhindern

Verfrühtes Wegfahren von der Rampe erklärt sich oft durch eine mangelhafte Abstimmung zwischen den Beteiligten, meist infolge von Termin – und Zeitdruck oder sprachlichen Verständigungsproblemen.

Ein Absturz von der Verladekante endet meist tragisch“, erklärt Logistikleiter Bernd K. und berichtet von einem Unfallereignis: „Unser Staplerfahrer war damit beschäftigt, einen Lkw über das Heck zu beladen. Für alle unerwartet zog der Lkw-Fahrer plötzlich sein Fahrzeug von der Rampe ab. Stapler samt Fahrer stürzten in die entstehende Lücke. Unser Staplerfahrer erlitt schwere Verletzungen und war lange Zeit arbeitsunfähig.

Um solche Absturzunfälle zu vermeiden, fordert die Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 70 vom Lkw-Fahrer, dass die an der Rampe stehenden Fahrzeuge durch Betätigen der Feststellbremse und Benutzen der Unterlegkeile zu sichern sind. Obwohl für das Anlegen der Unterlegkeile ein Handgriff genügt, wird auf diese einfache Art der Wegfahrsicherung häufig verzichtet. Demzufolge wird ein erhöhtes Unfallrisiko bewusst in Kauf genommen.

Elektronische Unterlegkeile

Eine höhere Sicherheit gegen Wegrollen oder vorzeitiges Wegfahren von der Rampe bieten elektronische Unterlegkeile. Diese Keile werden zwar ebenso manuell angelegt, sind aber mit einer Ampelsignalanlage verbunden. Die Signal- leuchte in der Verladehalle zeigt dem Ladepersonal mit Grün an, wenn der Unterlegkeil angelegt und damit der Lkw ordnungsgemäß gesichert ist. Demzufolge kann nun mit dem Beladen gefahrlos begonnen werden. Sind die Ladetätigkeiten abgeschlossen, wird der Lkw vom Ladepersonal für die Abfahrt wieder freigegeben. Daraufhin entfernt der Fahrer den Unterlegkeil und die Außenlampe springt von Rot auf Grün – der Lkw kann von der Rampe abziehen. Im Gebäude springt die Ampel auf Rot und signalisiert dem Ladepersonal, dass die Verladebucht gesperrt ist.

Elektronischer Unterlegkeil (Quelle: EXPRESSO Deutschland GmbH)

Wegfahrsperren

Eine Weiterentwicklung sind manuelle und automatisierte Wegfahrsperren, die wirkungsvoll verhindern, dass der Lkw die sichere Andockposition verlässt. Viele dieser Systeme lassen sich um verschiedene Steuerungsfunktionen, wie eine elektronische Anbindung an die Torsteuerung, erweitern.

Das abgebildete manuelle Radblockiersystem kombiniert eine Einfahrhilfe aus Stahlrohrprofil mit einer Radverriegelung. Ist der Lkw an der Rampe angedockt, schiebt der Fahrer den drehbaren Verriegelungsarm aus seiner Ruheposition heraus und schwenkt ihn vor dem Hinterreifen ein. Mit der Verriegelung des Lkw gibt die Steuerung die Torbedienung frei. Die Außenampel schaltet auf Rot, die Ampel im Gebäude springt auf Grün und zeigt dem Ladepersonal an, dass das Fahrzeug beladen werden kann. Ist die Beladung abgeschlossen, gibt das Ladepersonal das Fahrzeug für die Abfahrt frei. Nach dem Aufheben der Blockierung durch den Fahrer springt die Außenampel auf Grün – der Lkw kann abdocken.

Manuelles Radblockiersystem (Quelle: Hörmann KG)

Auf dem Markt werden auch automatische Lkw-Sicherungssysteme angeboten. Bei einem System wird der Raddurchmesser automatisch durch ein Erkennungssystem festgestellt, sobald der Lkw auf die Verladeposition zufährt. Hat der Lkw die Beladestelle erreicht, schwenkt ein Blockierarm selbsttätig zwischen Rad und Schutzblech des LKWs und legt sich mit einer leichten Rückwärtsbewegung an diesen an. Der Lkw wird nun an der Wegfahrt von der Rampe gehindert. Eine Ampelregelung im Gebäudeinnern zeigt dem Ladepersonal, dass der Lkw gesichert ist und mit dem Verladen begonnen werden kann. Nach abgeschlossener Verladung deaktiviert das Ladepersonal die Blockierfunktion. Der Blockierarm fährt in die Warteposition zurück und gibt das Fahrzeug für die Abfahrt wieder frei.

Automatischer Blockierarm (Quelle: EXPRESSO Deutschland GmbH)

Bei einem anderen System löst der hintere Reifen beim Heranfahren des Fahrzeugs an die Verladerampe das Verriegelungssystem aus. Danach schiebt das Fahrzeug den Verriegelungsmechanismus, der auf einer Laufschieneneinheit geführt ist, auf die Verladerampe zu. Während dieses Vorgangs passt sich der Verriegelungsarm an die jeweilige Reifengröße an und positioniert sich automatisch. Hat das Fahrzeug die Beladeposition erreicht, betätigt das Ladepersonal im Gebäude die Steuerungstaste und aktiviert die Verriegelung. Das Fahrzeug ist festgesetzt und wird an der Wegfahrt gehindert. Ein Ampelsystem informiert das Ladepersonal und den Fahrer über den jeweiligen Verladestatus.

Die hier gezeigten Systeme bieten eine hohe Sicherheit gegen vorzeitiges Wegfahren von der Laderampe. Voraussetzung ist, dass Ladepersonal und Fahrer den ordnungsgemäßen Umgang mit der Technik beherrschen. Hierzu dienen regelmäßige Unterweisungen des Ladepersonals, in denen der sichere Umgang mit der Technik eingeübt und trainiert wird. Ebenso sollten die Fahrer über die im Betrieb eingesetzten Lkw-Sicherungssysteme informiert werden, etwa durch an der Pforte ausgehändigte Flyer. Denn Lkw-Fahrer, die die Abläufe an der Rampe kennen, ermöglichen einen zügigen und reibungslosen Verladeprozess.

Laufschieneneinheit mit Verriegelungsarm (Quelle: Rite-Hite GmbH)

Sicherheitsregeln für Lkw-Fahrer

  • Vor dem Verlassen des Fahrerhauses prüfen, ob der Gang eingelegt und die Feststellbremse betätigt ist.
  • Dafür sorgen, dass der Lkw mit Unterlegkeilen oder Wegfahrsperre gesichert ist.
  • Mit dem Ladepersonal den Ablauf der Verladung abstimmen.
  • Erst jetzt das Fahrzeug ausdrücklich für die Beladearbeiten freigeben.
  • Während der Be- und Entladetätigkeiten nicht im Gefahrenbereich aufhalten.
  • Sicherheitsschuhe und Warnweste tragen.
  • Abstand halten von rangierenden Staplern und Fahrzeugen.
  • Den Lkw erst von der Rampe abziehen, nachdem das Ladepersonal die Ladungssicherung kontrolliert und das Fahrzeug für die Abfahrt ausdrücklich freigegeben hat.

Dieter Bachmann

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