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Gefahrgutrecht: Ist Ladungssicherung schon alles?

Allgemein dürfte klar sein, dass es für die Beförderung von gefährlichen Gütern in Tanks bzw. in loser Schüttung oder Schüttgut-Containern diverse Vorschriften zu beachten gibt und deshalb nur bestimmte Mitarbeiter, welche besonders geschult sein müssen, Verantwortlichkeiten für solche Beförderungen übernehmen dürfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand besondere Details für die Beförderung von Versandstücken wie z.B. Fässer, Kanister, Kisten, Gasflaschen oder Großpackmittel (IBC) beachten muss und vielleicht nicht nach Gefahrgutrecht unterwiesen wurde, ist deutlich größer.

Beförderung von Versandstücken: Es ist eine ADR-Schulungsbescheinigung für das Fahrpersonal der Beförderungseinheiten (z.B. Lkw, Lieferwagen), welche mit orangefarbenen Tafeln gekennzeichnet werden müssen, vorgeschrieben. Diese Schulungen dauern 2,5 Tage und werden mit einer Prüfung vor der zuständigen IHK / Handelskammer abgeschlossen. Für Klasse 1 (Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff) oder Klasse 7 (Radioaktive Stoffe), ist jeweils ein zusätzlicher Schulungstag erforderlich. Häufig wird in der Praxis übersehen, dass auch Lager- oder Büropersonal sowie das Fahrpersonal für Beförderungseinheiten, welche legal ohne orangefarbene Tafeln im Einsatz sein dürfen, nach den Kapiteln 1.3 bzw. 8.2.3 ADR unterwiesen sein muss. Hinweis: Die tatsächlich beförderte Menge an gefährlichen Gütern wird nach Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR (sogenannte 1.000 Punkte-Regel) berechnet. So ist in der Praxis erkennbar, ob die Beförderungseinheit mit oder ohne orangefarbene Tafeln im Einsatz sein darf. Unabhängig von der Menge an gefährlichen Gütern müssen die Verpackungsanweisungen und Kennzeichnungsvorschriften für die Versandstücke eingehalten werden.

In diesem Artikel werden einige Beispiele aus dem ADR (Accord relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route = Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße) genannt, welche auch bei Beförderungen ohne orangefarbene Tafeln in Deutschland einzuhalten sind.

Handhabung und Verstauung / 7.5.7 ADR
Im ADR ist dieses Thema mit verschiedenen Details enthalten. Hier befindet sich u.a. auch ein Hinweis darauf, dass die Ladungssicherung als erfüllt angesehen wird, wenn die Ladung gemäß der Norm EN 12195-1:2010 gesichert ist.

Da dieses Thema inzwischen allgemein bekannt ist und an anderer Stelle in der BERUFSKRAFTFAHRER-Zeitung erläutert wird, sollen hier keine Details doppelt aufgeführt werden.

Die nächsten Beispiele für besondere Detailvorschriften sind im ADR verankert und je nach Ladung gute Beispiele für die vorgeschriebenen Unterweisungen nach 1.3 bzw. 8.2.3 ADR, welche zum Beispiel von Gefahrgutbeauftragten durchgeführt werden können.

Nässeempfindliche Ladung / 7.2.2 ADR
Versandstücke mit Verpackungen aus nässeempfindlichen Werkstoffen müssen in gedeckte oder bedeckte Fahrzeuge oder in geschlossene oder bedeckte Container verladen werden.

Kurz gesagt: Kisten aus Pappe/ Karton nicht auf offenen Fahrzeugen befördern.


Zusammenladeverbote / 7.5.2 ADR
Nach ADR dürfen nur bestimmte Versandstücke, welche mit Gefahrzetteln gekennzeichnet sein müssen, zusammen in ein Fahrzeug oder einen Container verladen werden. Siehe dazu die abgebildeten Tabellen.

Es gibt einige Sonderfälle, auf welche hier nicht eingegangen wird. Siehe dazu Unterabschnitt 7.5.2.1 und Sondervorschrift 675 / 3.3 ADR.


Versandstücke, die Stoffe oder Gegenstände der Klasse 1 enthalten und mit einem Zettel nach Muster 1, 1.4, 1.5 oder 1.6 versehen sind, die aber unterschiedlichen Verträglichkeitsgruppen zugeordnet sind, dürfen nicht zusammen in ein Fahrzeug oder einen Container verladen werden. Ausnahmen sind aus der nachfolgenden Tabelle gemäß 7.5.2.2 ADR ersichtlich.

X Zusammenladung zugelassen.

a) Versandstücke mit Gegenständen der Verträglichkeitsgruppe B und Versandstücke mit Stoffen oder Gegenständen der Verträglichkeitsgruppe D dürfen zusammen in ein Fahrzeug oder einen Container verladen werden, vorausgesetzt, sie sind wirksam getrennt, so dass keine Gefahr der Explosionsübertragung von Gegenständen der Verträglichkeitsgruppe B auf Stoffe oder Gegenstände der Verträglichkeitsgruppe D besteht. Die Trennung ist durch die Verwendung getrennter Abteile oder durch Einsetzen einer der beiden Arten von explosiven Stoffen oder Gegenständen mit Explosivstoff in ein besonderes Umschließungssystem zu bewerkstelligen. Beide Trennungsmethoden müssen von der zuständigen Behörde zugelassen sein.

b) Verschiedene Arten von Gegenständen der Klassifizierung 1.6N dürfen nur als Gegenstände der Klassifizierung 1.6N zusammengeladen werden, wenn durch Prüfungen oder Analogieschluss nachgewiesen ist, dass keine zusätzliche Detonationsgefahr durch Übertragung unter den Gegenständen besteht. Andernfalls sind sie als Gegenstände der Unterklasse 1.1 zu behandeln.

c) Wenn Gegenstände der Verträglichkeitsgruppe N mit Stoffen oder Gegenständen der Verträglichkeitsgruppe C, D, oder E zusammengeladen werden, sind die Gegenstände der Verträglichkeitsgruppe N so zu behandeln, als hätten sie die Eigenschaften der Verträglichkeitsgruppe D.

d) Versandstücke mit Stoffen und Gegenständen der Verträglichkeitsgruppe L dürfen mit Versandstücken mit gleichartigen Stoffen und Gegenständen derselben Art dieser Verträglichkeitsgruppe zusammen in ein Fahrzeug oder einen Container verladen werden.

Übungsbeispiel: Zusammenladung erlaubt?


Mit Unterstützung dieser Tabellen kann geprüft werden, ob diese Zusammenladung erlaubt ist. Nur das Versandstück mit Gefahrzettel 1.4G darf nicht mit den anderen Versandstücken auf/in das/den gleiche/n Fahrzeug/Container.

Vorsichtsmaßnahmen bei Nahrungs-, Genuss- und Futtermitteln / 7.5.4 ADR
Es sind bestimmte Versandstücke mit gefährlichen Gütern von „Lebensmitteln“ zu trennen. Siehe dazu auch die rechts abgebildete Kurzübersicht.
Versandstücke sowie ungereinigte leere Verpackungen, einschließlich Großverpackungen und Großpackmittel (IBC), mit Zetteln nach Muster 6.1 oder 6.2 oder solche mit Zetteln nach Muster 9, die Güter der UN-Nummern

  • 2212 ASBEST, AMPHIBOL,
  • 2315 POLYCHLORIERTE BIPHENYLE, FLÜSSIG,
  • 2590 ASBEST, CHRYSOTIL,
  • 3151 POLYHALOGENIERTE BIPHENYLE, FLÜSSIG oder HALOGENIERTE MONOMETHYLDIPHENYLMETHANE, FLÜSSIG oder POLYHALOGENIERTE TERPHENYLE, FLÜSSIG,
  • 3152 POLYHALOGENIERTE BIPHENYLE, FEST oder HALOGENIERTE MONOMETHYLDIPHENYLMETHANE,
    FEST oder POLYHALOGENIERTE TERPHENYLE, FEST
  • 3245 GENETISCH VERÄNDERTE MIKROORGANISMEN oder GENETISCH VERÄNDERTE ORGANISMEN, auch in tiefgekühlt verflüssigtem Stickstoff enthalten, dürfen in Fahrzeugen, in Containern und an Belade-, Entlade- und Umladestellen nicht mit Versandstücken, von denen bekannt ist, dass sie Nahrungs-, Genuss- oder Futtermittel enthalten, übereinandergestapelt werden oder in deren unmittelbarer Nähe verladen werden.

    Werden diese Versandstücke in unmittelbarer Nähe von Versandstücken verladen, von denen bekannt ist, dass sie Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel enthalten, müssen sie von diesen getrennt sein:

    a) durch vollwandige Trennwände; diese Trennwände müssen so hoch sein wie die Versandstücke mit oben genannten Zetteln; oder

    b) durch andere Versandstücke, die nicht mit Zetteln nach Muster 6.1, 6.2 oder 9 versehen sind, oder durch Versandstücke, die mit Zetteln nach Muster 9 versehen sind, aber keine Güter der UN-Nummern 2212, 2315, 2590, 3151, 3152 oder 3245 enthalten, oder

    c) durch einen Abstand von mindestens 0,8 m, es sei denn, die Versandstücke mit oben genannten Zetteln sind zusätzlich verpackt oder vollständig abgedeckt (z. B. durch Folie, Stülpkarton oder sonstige Maßnahmen).

Reinigung nach dem Entladen / 7.5.8 ADR
Wird nach dem Entladen eines Fahrzeugs oder Containers, in dem sich verpackte gefährliche Güter befanden, festgestellt, dass ein Teil ihres Inhaltes ausgetreten ist, so ist das Fahrzeug oder der Container so bald wie möglich, auf jeden Fall aber vor erneutem Beladen, zu reinigen. Ist eine Reinigung vor Ort nicht möglich, muss das Fahrzeug oder der Container unter Beachtung einer ausreichenden Sicherheit bei der Beförderung der nächsten geeigneten Stelle, wo eine Reinigung durchgeführt werden kann, zugeführt werden. Eine ausreichende Sicherheit bei der Beförderung liegt vor, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, die ein unkontrolliertes Freiwerden der ausgetretenen gefährlichen Güter verhindern.

Rauchverbot / 7.5.9 und 8.5 S1(3) ADR
Bei Ladearbeiten ist das Rauchen in der Nähe der Fahrzeuge oder Container und in den Fahrzeugen oder Containern untersagt. Das Rauchverbot gilt auch für die Verwendung elektronischer Zigaretten und ähnlicher Geräte. Bei Klasse 1 gilt das Rauchverbot auch während der Fahrt.

Für bestimmte gefährliche Güter ergeben sich über die Zuordnung zu einer UN-Nummer (Siehe Angaben auf den Versandstücken oder im Beförderungspapier z.B. Lieferschein/ Frachtbrief) teilweise zusätzliche Vorschriften.

Hier einige Beispiele / 7.5.11 ADR:
CV 2 = Vor dem Beladen ist die Ladefläche des Fahrzeugs oder des Containers gründlich zu reinigen. Die Verwendung von Feuer und offenem Licht ist auf Fahrzeugen und in Containern, die diese Güter befördern, in ihrer Nähe sowie beim Be- und Entladen verboten. Produktbeispiel: UN 0336 FEUERWERKSKÖRPER 1.4 G

CV 9 = Die Versandstücke dürfen nicht geworfen oder Stößen ausgesetzt werden. Die Gefäße sind in den Fahrzeugen so zu verladen, dass sie nicht umkippen oder herabfallen können. Produktbeispiel: Kryo-Behälter mit UN 1977 STICKSTOFF, TIEFGEKÜHLT, FLÜSSIG, 2.2 und viele weitere Gase in Versandstücken

CV 10 = Die Flaschen gemäß Begriffsbestimmung in Abschnitt 1.2.1 ADR müssen parallel oder quer zur Längsachse des Fahrzeugs oder Containers gelegt werden; in der Nähe der Stirnwände müssen sie jedoch quer zur Längsachse verladen werden. Kurze Flaschen mit großem Durchmesser (etwa 30 cm und mehr) dürfen auch längs gelagert werden, wobei die Schutzeinrichtungen der Ventile zur Fahrzeugmitte oder Containermitte zeigen müssen. Flaschen, die ausreichend standfest sind oder die in geeigneten Einrichtungen, die sie gegen Umfallen schützen, befördert werden, dürfen aufrecht verladen werden. Liegende Flaschen müssen in sicherer und geeigneter Weise so verkeilt, festgebunden oder festgelegt sein, dass sie sich nicht verschieben können. Produktbeispiel: Betrifft fast alle Gase in Flaschen, Druckfässer, Kryo-Behälter usw.

CV 14 = Die Güter müssen während der Beförderung vor direkter Sonneneinstrahlung und Wärmeentwicklung geschützt sein. Die Versandstücke dürfen nur an kühlen und gut belüfteten Orten, entfernt von Wärmequellen gelagert werden. Produktbeispiel: UN 2956 XYLENMOSCHUS, 4.1, III

CV 22 = Die Versandstücke müssen so verladen werden, dass eine ungehinderte Luftzirkulation im Laderaum eine gleichmäßige Temperatur der Ladung gewährleistet. Produktbeispiel: UN 3102 ORGANISCHES PEROXID TYP B, FEST, 5.2 (1)

CV 23 = Bei der Handhabung der Versandstücke sind besondere Maßnahmen zu treffen, damit sie nicht mit Wasser in Berührung kommen. Produktbeispiel: UN 1360 CALCIUMPHOSPHID, 4.3 (6.1), I

CV 25 = Die Versandstücke müssen so verstaut sein, dass sie leicht zugänglich sind. Produktbeispiel: UN 3291 KLINISCHER ABFALL, UNSPEZIFISIERT, N.A.G., 6.2

CV 35 = Werden Säcke als Einzelverpackungen verwendet, müssen diese angemessen voneinander getrennt werden, um eine Verteilung der Wärme zu ermöglichen. Produktbeispiel: UN 2880 CALCIUMHYPOCHLORIT, HYDRATISIERT, 5.1, II

CV 36 (Auszug) = Die Versandstücke sind vorzugsweise in offene oder belüftete Fahrzeuge oder in offene oder belüftete Container zu verladen. Wenn dies nicht möglich ist und die Versandstücke in anderen gedeckten Fahrzeugen oder anderen geschlossenen Containern befördert werden, muss ein Gasaustausch zwischen dem Ladeabteil und dem Fahrerhaus verhindert werden und die Ladetüren der Fahrzeuge oder Container müssen mit folgendem Kennzeichen versehen sein, wobei die Buchstabenhöhe mindestens 25 mm betragen muss: ACHTUNG KEINE BELÜFTUNG VORSICHTIG ÖFFNEN. Produktbeispiel: UN 1001 ACETYLEN, GELÖST, 2.1 / Beachte auch die Hinweise aus der RSEB in der BERUFSKRAFTFAHRER-Zeitung 1-2/24.

Auf der Beförderungseinheit müssen nach 8.1.2.1 ADR die nach 5.4.1 ADR vorgeschriebenen Beförderungspapiere für alle beförderten gefährlichen Güter mitgeführt werden.

Eine Beförderungseinheit muss nach 8.1.4.2 ADR mit mindestens einem tragbaren Feuerlöschgerät für die Brandklassen A, B und C sowie mindestens 2 kg Löschpulver ausgerüstet sein.

Die Mitglieder der Fahrzeugbesatzung müssen nach 8.3.2 ADR mit der Bedienung der Feuerlöschgeräte vertraut sein.

Obwohl in diesem Artikel nur ausgewählte Beispiele von ADR-Vorschriften vorhanden sind, kann er einen guten Überblick über zu vermittelnden Themen für Unterweisungen geben.

Keine Berücksichtigung fanden u.a.:
• Regelungen für LQ-, EQ-Versandstücke
• Sondervorschriften
• Handwerkerregelungen
• Ausnahme 18 / GGAV
• Details aus anderen Vorschriften
• Besonderheiten für Beförderungen mit orangefarbenen Tafeln wie Sonderfahrzeuge für Klasse 1, zusätzliche ADR-Ausrüstung und weitere Dokumente


Jörg Bolenius

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