Lückenschluss für die vorangegangenen 28 Kalendertage: Nachträge im Mischverkehr

Wenn der Fahrer sich nicht im Fahrzeug aufhält und daher nicht in der Lage ist, den in das Fahrzeug eingebauten Fahrtenschreiber zu betätigen, hat er, aufgrund der Bestimmungen des Artikels 34 Absatz 3 der VO (EU) Nr. 165/2014, alle anderen Arbeiten, Bereitschaftszeiten, Arbeitsunterbrechungen und Ruhezeiten, die nicht direkt aufgezeichnet werden konnten, lückenlos unter den entsprechenden Symbolen manuell nachzutragen.

Ein Nachtrag ist nur ausnahmsweise nicht erforderlich,

a) wenn die älteren auf dem Markt befindlichen Fahrtenschreiber Nachträge nicht komplett erfassen, d.h. komplette Zwischentage, an denen die Fahrerkarte nicht gesteckt war, werden trotz des manuellen Nachtrages nicht ausgewiesen (VDO/Continental bis Rel.1.3; Stoneridge bis Revision. 7.4)

oder

b) der Nachtrag von langen Arbeitsperioden (z.B. eines „Aushilfsfahrers“, der ansonsten andere Arbeiten im Betrieb verrichtet) besonders aufwendig ist. Dies ist beispielsweise auch bei einem Fahrer der Fall, der eine zuvor beschriebene Linie bis 50 km-Linienstrecke bedient hat und anschließend im Gelegenheitsverkehr eingesetzt werden soll. Hinzu kommt noch der besondere Umstand, dass die erbrachten Lenkzeiten im Linienbetrieb technisch überhaupt nicht als Lenkzeiten nachgetragen werden können.

Zu a)

Ist ein manueller Nachtrag auf der Fahrerkarte aus technischen Gründen nicht möglich, ist beispielsweise vor Fahrtantritt ein Fahrtenschreiberausdruck (Ausdruck der Tätigkeiten des Fahrers am Fahrtag) zu fertigen und auf der Rückseite lesbar unter Verwendung der in Artikel 34 Absatz 5 Verordnung (EU) Nr. 165/2014 aufgeführten Zeichen der handschriftliche Nachtrag der berücksichtigungsfreien Zeiten vorzunehmen.

Eine andere Form des Lückenschlusses wäre in diesem Fall ausnahmsweise die Verwendung des maschinell ausgefüllten standardisierten EU-Formblatts über berücksichtigungsfreie Tage. Bei einem analogen Fahrtenschreiber ist gemäß Artikel 34 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 und § 20 Absatz 3 Fahrpersonalverordnung (FPersV) der manuelle Nachtrag handschriftlich auf der Rückseite des nächsten im Anschluss an den betreffenden Zeitraum verwendeten Schaublatts vorzunehmen. Er hat lesbar unter Verwendung der in Artikel 34 Absatz 5 Verordnung (EU) Nr. 165/2014 bzw. Artikel 12 Absatz 3 des Anhangs zum AETR aufgeführten Zeichen zu erfolgen.

Zu b)

Die „besondere Aufwendigkeit“ wird nach Auffassung des Bundesamtes für den Güterverkehr (BAG) anhand objektiver Kriterien bestimmt. Besonders aufwendig ist ein Nachtrag auf der Fahrerkarte nach Ansicht des BAG dann, wenn Nachträge für mehr als 5 Kalendertage eingegeben oder im gesamten Zeitraum mehr als 25 einzelne Zeiträume/Ereignisse (z.B. Ruhezeiten, andere Arbeiten, Bereitschaftszeiten) nachgetragen werden müssen.

Wenn die vorgenannten Bedingungen, die bislang noch nicht durch eine obergerichtliche Entscheidung gefestigt wurden, zutreffen, ist vom Unternehmer oder dessen Beauftragte das standardisierte EU-Formblatt, wahrheitsgemäß und vollständig für die vorangegangenen, ggf. bis zu 28 Kalendertage auszustellen und unterschrieben (vom Aussteller und Fahrer) mitzuführen. Auch die erforderlichen Ruhezeiten (zumindest die letzte wöchentliche Ruhezeit) sollten deutlich und nachvollziehbar ersichtlich sein.

Hinweis:

Wird das EU-Formblatt nicht, nicht richtig, oder nicht vollständig ausgestellt, handelt es sich um einen Rechtsverstoß, der nach den unterschiedlichen rechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten sanktioniert werden kann.

Inwieweit die anderen Mitgliedstaaten die „besondere Aufwendigkeit“ definieren und auslegen, kann an dieser Stelle nicht abschließend genannt werden. Bei Fahrten ins EU-Ausland ist darauf zu achten, dass die entsprechenden Nachträge lückenlos durch den Fahrer vor Fahrtantritt erfolgt sind. Hilfsweise und argumentativ kann hier die EU-CLARIFICATION Nr. 7 herangezogen werden.

Beispiel für einen „28 Tage Lückenschluss“

Ein Busfahrer

  • hat vom 30.11.2019 bis 02.12.2019 20:00 Uhr eine mehrtägige Tour im Gelegenheitsverkehr durchgeführt,
  • hat vom 03.12.2019 07:00 Uhr bis zum 05.01.2020 19:00 Uhr nur Linienverkehr bis 50 km Linienlänge durchgeführt,
  • fuhr vom 06.01.2020 06:00 Uhr bis zum 09.01.2020 eine Gelegenheitsfahrt mit einem Skiclub für vier Tage nach Österreich.

Wie muss sich der Fahrer hinsichtlich der manuellen Nachträge verhalten, wenn beim Einstecken der Fahrerkarte am 06.01.2020, 06:00 Uhr der 02.12.2019, 20:00 Uhr als letzte Entnahme der Fahrerkarte angezeigt wird?

Lösungsmöglichkeiten für dieses Fallbeispiel:

Der Fahrer muss bei einer Kontrolle einem ermächtigten Kontrolleur den aktuellen Kalendertag sowie die letzten 28 Kalendertage nach Artikel 36 Absatz 2 VO (EU) Nr. 165/2014 lückenlos nachweisen!

Somit hat er nur den Zeitraum vom 09.12.2019 bis zum 06.01.2020 nachzuweisen.

Der überwiegend große Zeitraum (ab Beginn der Nachweispflicht am 09.12.2019) in dem der Fahrer eine Linie mit einer Linienstrecke bis zu 50 km gefahren ist, kann mit dem standardisierten EU-Formblatt (Ziffer 17) nachgewiesen werden.

Ein manueller Nachtrag würde in diesem Fall sowohl mehr als 5 Kalendertage, als auch mehr als 25 einzelne Zeiträume/Ereignisse, umfassen. Dabei sollte, wie zuvor bereits beschrieben – zumindest die letzte wöchentliche Ruhezeit – separat ausgewiesen werden.

Optimal ist es sicherlich, wenn vom Ende der täglichen Arbeitszeit am 05.01.2020, 19:00 Uhr, bis zum Beginn der täglichen Arbeitszeit (Gelegenheitsverkehr nach Österreich) am 06.01.2020, 06:00 Uhr, eine Bescheinigung über die tägliche Ruhezeit vorliegt.

Alternativ kann auch hier der Fahrer einen manuellen Nachtrag tätigen, wobei er bis zum 05.01.2020, 19.00 Uhr das „?“ (= ungeklärte Zeit) einträgt und ab dann, bis zum 06.01.2020, 06.00 Uhr, seine tägliche Ruhezeit erfasst.

Autoren: Willy Dittmann / Jörg Eiden

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