Das ADR 2025 hat zusammen mit der im September 2024 veröffentlichten Überarbeitung der TRGS 520 „Errichtung und Betrieb von Sammelstellen und Zwischenlagern für Kleinmengen gefährlicher Abfälle“ Auswirkungen in der Praxis.

Bernhard Jäger war im Auftrag des Vorstands des VDSI (Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit e.V.) und Mitglied des Fachbereichs Gefahrstoffe an der Neufassung im Unterausschuss I (UA I) des AGS beteiligt.
Im Arbeitsalltag begegnen uns zahlreiche Verordnungen, Normen und Regeln, die auch die damit verbundenen rechtlichen Verpflichtungen beschreiben. Diese werden in Bezug auf neue Erfahrungen überarbeitet. Eine dieser Verordnungen ist das ADR welches jeden Fahrer, der Gefahrgüter befördert, herausfordert. Aber auch technische Regeln für Gefahrstoffe sind beim Einsammeln und Befördern ein Thema, wenn eine Schadstoffsammlung durchgeführt wird. Es handelt sich dann dabei um die TRGS 520. Diese befasst sich mit dem Umgang gefährlicher Abfälle, die aus privaten Haushalten, gewerblichen oder sonstigen wirtschaftlichen Betrieben oder beispielsweise Schulen und Universitäten stammen.
Kommunale Sammlungen
Wenn kommunale Sammlungen durch einen Lkw (Schadstoffmobil) durchgeführt werden, nehmen fachkundige Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens diese Abfälle an, erfassen, bewerten und verpacken sie.

In diesem Zusammenhang ist den meisten der Begriff des „Umweltbrummis“ oder des „Giftmobils“ sicher schon mal begegnet.
Man könnte vermuten, dass dort alles angenommen werden kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. So nehmen diese beispielsweise in haushaltsüblichen Mengen in der Regel, Batterien und Akkumulatoren, Haushaltschemikalien, wie WC-Reiniger, Farben, Lacke, Farbverdünner, Ölabfälle und Altöl, Pflanzenschutzmittel etc. an.
Ebenso erfassen solche Fahrzeuge die in der Industrie anfallenden Arten von Laborchemikalienabfällen.
Dabei können auch Rückstellmuster von Chemikalien irgendwann zu Abfall werden und werden über diesen Weg entsorgt. Diese können auch auf Basis des Unterabschnittes 2.1.4.1 ADR befördert werden.
Zusammenpackregeln
Natürlich dürfen nach ADR nicht alle Gefahrgüter aus einer Klasse aufgrund der Zusammenpackregeln zusammengepackt werden.
Diese sind in Verbindung mit der Tabelle 3.2 A in 4.1.1.10 ADR zu finden.
Hier ist besonders darauf zu achten, dass keine gefährlichen Reaktionen entstehen.
Im Unterabschnitt 4.1.1.6 des ADR heißt es:
„Gefährliche Güter dürfen nicht mit gefährlichen oder anderen Gütern zusammen in dieselbe Außenverpackung oder in Großverpackungen verpackt werden, wenn sie miteinander gefährlich reagieren und dabei folgendes verursachen:
a. eine Verbrennung oder Entwicklung beträchtlicher Wärme;
b. eine Entwicklung entzündbarer, erstickend wirkender, oxidierender oder giftiger Gase;
c. die Bildung ätzender Stoffe oder
d. die Bildung instabiler Stoffe“
Somit reichen die Zuordnungen nach 2.1.4.1 ADR in der Regel für komplexe Sammelaktionen wie bei der beschriebenen Schadstoffsammlung nicht aus.
Berücksichtigung von Schutzzielen
Daher muss ein entsprechendes Sortiersystem in Verbindung mit der bekannten Ausnahme 20 GGAV oder der neuen 4.1.1.5.3 ADR unter Berücksichtigung der Schutzziele nach der neuen TRGS 520 erfolgen.
Abfallgruppen der Ausnahme 20 aus der Gefahrgutausnahmeverordnung sind die Basis solche gefährlichen Abfälle fachkundig in gefahrgutrechtlich zugelassene Verpackungen zu sortieren, zu befördern und letztendlich zu entsorgen.
Gesonderte Verpackungsanweisung
Manche der Chemikalien müssen separat unter ihren eigentlichen UN-Nummern gesammelt werden, da eine gesonderte Verpackungsanweisung gefordert ist.
Im neuen ADR 2025 ist über den Absatz 4.1.1.5.3 das Gegenstück zur fachkundigen Person nach Ausnahme 20 als sachkundige Person in Verbindung mit 4.1.1.5.3 c) ADR definiert.
Die Sortierung nach 4.1.1.5.3 ADR kann, aber muss nicht für Schadstoffsammlungen angewendet werden, da die Ausnahme 20 parallel gültig ist.
Somit stehen je nach Bedarf dem Anwender beide Varianten zur Verfügung.
Naturwissenschaftliche Kenntnisse und chemisches Wissen
Zu den Neuerungen gehört, dass Anwender des neuen Absatzes 4.1.1.5.3 ADR, ihr Personal zum einen nach 1.3.2.2 ADR unterweisen müssen und dabei insbesondere 4.1.1.10 ADR und 4.1.1.6 ADR beachten müssen. Zum anderen müssen diese Personen sachkundig sein. Da wohl aufgrund der Übersetzung im ADR die Fachkunde gemeint ist, müssen also diese Personen, wie auch in der TRG 520 beschrieben, genügend naturwissenschaftliche Kenntnisse, vor allem chemisches Wissen besitzen, um Gefahren zu meistern.
Im Absatz 4.1.1.5.3 c) ADR heißt es:
„c) in Abhängigkeit von den in jeder Innenverpackung festgestellten Abfällen werden Innenverpackungen nur von gemäß Unterabschnitt 1.3.2.2 geschultem und sachkundigem Personal unter Verwendung von Anweisungen oder Verfahren, die die Einhaltung des Unterabschnitts 4.1.1.6 (Vermeidung gefährlicher Reaktionen) und der Vorschriften für die Zusammenpackung des Unterabschnitts 4.1.10.4 gewährleisten, in einer geeigneten Außenverpackung zusammengepackt;“
Schäden vermeiden
Ebenso ist es beim Umgang mit diesen Abfällen erforderlich, Auswirkungen wie Brandgefahren (besonders bei Lithiumbatterien) und giftigen Eigenschaften, die auf Menschen und Umwelt einwirken können, zu erkennen, damit Schäden vermieden werden.
Dies gelingt darüber hinaus nur mit von Jahrzehnten zurückreichendem Wissen über die Abfälle und deren Zusammensetzung.
Fachkundige Personen
In den Sammelstellen wird von den „Fachkundigen Personen“ ein starkes visuelles Verständnis für die Erkennbarkeit von angelieferten Abfällen verlangt, da häufig Abfälle nicht mehr in ihren originalen Verpackungen vorliegen und ggf. nicht mehr hinreichend beschrieben werden können.
Dabei wird, wie bei einer forensischen Betrachtung eine Bewertung durch die „Fachkundigen Personen“ erforderlich, um sowohl hinsichtlich der aufgezeigten Gefahren, als auch der damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen, Rechnung tragen zu können. Nach 4.1 der neuen TRGS 520 ist für jede Sammelstelle und für jedes Zwischenlager vom Betreiber eine „Fachkundige Person“ entsprechend Abschnitt 4.2 und eine entsprechend qualifizierte Vertretung schriftlich zu beauftragen, in eigener
Verantwortung Aufgaben zur Umsetzung der TRGS 520 wahrzunehmen.
Der „Fachkundigen Person“ sind dabei die notwendigen Befugnisse und Weisungsrechte zu übertragen. Somit wird ebenso ein Hinweis auf die betriebliche Organisation in Verbindung mit § 9 des OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz) und §14 des StGB (Strafgesetzbuch) mit Verweis auf §130
des OWiG aufgezeigt.
Berufskraftfahrer als Quereinsteiger
Mit der Neufassung des ADR und im Besonderen der TRGS 520 ist nun auch die Möglichkeit bestätigt worden, Quereinsteigern wie Berufskraftfahrern, die sich weiterbilden wollen, zu ermöglichen, die Fachkenntnisse beispielhaft über eine „Chemiespezifische Qualifizierung gemäß TRGS 520 (IHK)®“ alternativ zu erlernen.

Auch weitere Beschäftigte ohne Vorkenntnisse können dann mit einem kammerbezogenen Zertifikat über diesen Weg an Sammelstellen eingesetzt werden um die geforderten gefahrgut- und gefahrstoffrechtlichen Einstufungen zu begleiten. Das Zertifikat wird in einem Zeitraum von drei Monaten in Vollzeit erlangt. Die Abschlussarbeiten werden unter Aufsicht der durchführenden Körperschaft (Anstalt des öffentlichen Rechtes, zum Beispiel einer Industrie- und Handelskammer) abgenommen.
Die Anforderungen sind im Anhang 2 in Verbindung mit dem Kapitel 4.2 der neuen TRGS 520 nachlesbar. Mit dieser Änderung wurde der Begriff der Fachkunde selbst neu definiert.
Somit wird u.a. dem geforderten Wissen der nach 3.2 der Ausnahme 20 GGAV (Gefahrgut-Ausnahmeverordnung) für die dort beschriebene „fachkundige Aufsichtsperson“ und dem nach dem neuen Absatz 4.1.1.5.3 c) des neuen ADR (Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße) geschultem „sachkundigem Personal“ Rechnung getragen.
Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel muss der Zukunft adäquat begegnet werden können.
Bernhard Jäger
(Chemiker und Geschäftsführer der GEFAHRGUTJÄGER GmbH)