MAN Truck & Bus und die Spedition Dettendorfer haben im Rahmen eines Pilotprojekts den nächtlichen Einsatz von vollelektrischen Lkw auf einer Brennerroute zwischen Raubling und Bozen getestet.
Dank der bestehenden Ausnahme vom Nachtfahrverbot auf der A12 (Inntal-Autobahn) dürfen eTrucks im Gegensatz zu Diesel-Lkw nachts fahren. Ziel des Projekts ist es, die Verkehrsflüsse am Brenner zu entzerren, Staus zu vermeiden, CO2– und Lärm-Emissionen zu senken und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.
Wettbewerbsvorteil
Der „Nachtsprung“ mit eTrucks über den Brenner ist grundsätzlich seit 2021 möglich. Dank der Ausnahme vom Nachtfahrverbot auf der Inntal-Autobahn (A12) in Tirol können vollelektrische Lkw nachts grenzüberschreitend auf der gesamten Strecke zwischen Deutschland und Italien verkehren – etwa von München nach Verona oder von Rosenheim über den Brenner nach Bozen und zurück.
Damit erschließen eTrucks Routen, die mit Diesel-Lkw aufgrund der nächtlichen Fahrverbote bislang nicht mehr realisierbar waren – ein echter Fortschritt für effiziente, leise und emissionsfreie Nachtlogistik im Alpenraum und besonders interessant für Transporte in der Kühl- und Pharmalogistik oder bei zeitkritischen Lieferketten. So entlasten eTrucks die Brennerroute in verkehrsarmen Nachtstunden.
Eine Modellrechnung zeigt, dass bereits 300 in der Nacht eingesetzte eTrucks die Blockabfertigung am Tag in Kufstein um bis zu eine Stunde reduzieren können. Gleichzeitig leisten sie einen Beitrag zum Klimaschutz.
Praxistaugliche E-Lkw
„Elektrische Schwerlastlogistik revolutioniert den Straßengüterverkehr – selbst unter anspruchsvollsten topografischen Bedingungen, die in alpinen Regionen vorherrschen. Mit diesem Projekt zeigen wir, dass vollelektrische Lkw nicht nur praxistauglich sind, sondern unter anderem durch Rekuperation und die Möglichkeit nächtlicher Transporte neue Maßstäbe in Effizienz, Nachhaltigkeit und Verkehrssteuerung setzen. Politik und Industrie müssen Hand in Hand arbeiten, um emissionsfreie Logistik flächendeckend Realität werden zu lassen“, sagt Dr. Frederik Zohm, Vorstand Forschung & Entwicklung bei MAN Truck & Bus.
Der Betrieb von elektrisch betriebenen Lkw auf der Brennerroute ist nicht nur zur Vermeidung von Blockabfertigung und Stau sinnvoll, sondern auch unter ökonomischen Aspekten. Bei einer Jahreslaufleistung von über 110.000 Kilometern auf deutschen Autobahnen ergibt sich eine Mautersparnis von über 60.000 Euro pro Fahrzeug und Jahr – ein klarer wirtschaftlicher Vorteil für den Einsatz batterieelektrischer Lkw. Die 100-prozentige Mautbefreiung gilt dabei aktuell ausschließlich in Deutschland. Erst kürzlich hatte EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas empfohlen, die bisher bis Ende 2025 befristete Mautreduzierung für E-Trucks bis Mitte 2031 auszudehnen.
Ziel ist es, die Investitionssicherheit für Logistikunternehmen zu erhöhen und den Umstieg auf E-Mobilität zu beschleunigen.

Unterschiedliche Regelungen
In anderen Ländern gelten abweichende Regelungen: Auf der A13 in Österreich werden E-Trucks insbesondere nachts mit bis zu 75 Prozent weniger Maut belastet. In Italien hingegen gibt es auf der Route über den Brenner nach Bozen nur marginale Unterschiede in der Maut zwischen Diesel- und E-Lkw.
Über eine Laufzeit von drei Jahren, einem typischen Einsatzszenario von Lkw in der Logistik, trägt die Mautersparnis des eTrucks zu einem Gesamtkostenvorteil von über 15 Prozent gegenüber mit Diesel betriebenen Fahrzeugen auf der Brennerroute bei.
Neben den geringeren Mautgebühren tragen vor allem niedrigere Energie- und Wartungskosten, die Befreiung von der Kfz-Steuer und die zunehmend verfügbare Ladeinfrastruktur entlang der Route zur Wirtschaftlichkeit bei.
Beispielhafte Ladeszenarien zeigen: In Raubling kann nachts zu rund 0,41 Euro/kWh, in Bozen zu etwa 0,38 Euro/kWh geladen werden. Zudem steigt die Rekuperation auf der bergigen Strecke auf bis zu 40%. Während bei Diesel-Lkw Bremsenergie ungenutzt verloren geht, speichert der eTruck diese als Strom zurück in die Batterie – ein klarer Effizienzvorteil.
Reduzierte Lärmbelastung
Batterieelektrische Lkw reduzieren zudem die Lärmemissionen im Vergleich zu Diesel-Lkw erheblich. In akustischen Tests wurde der eTruck bei beschleunigter Anfahrt als rund halb so laut wahrgenommen wie ein herkömmlicher Diesel.